2022: (Theater-)Treffpunkt Metaverse ?!
Wie könnte ein Theaterstück im virtuellen Raum aufgebaut sein? Wie sieht ein Theater dort aus, wie eine Bühne? Wie inszeniert man in Räumen, in denen keine Schwerkraft wirkt und alle Beteiligten mittels VR-Headset eingetaucht sind, ohne physisch vor Ort zu sein? Wie agieren und interagieren Avatare ? Wie wirke ich als Schauspieler*in mit Headset & Joysticks wenn Theaterprojekte entstehen, bei denen die Menschen, „formerly known as Schauspieler*innen“ und die Menschen, „formerly known as Publikum“, auf neue Art zusammenfinden müssen/dürfen/wollen/können/werden?
Die Entwicklung von Virtual Reality (VR)-Technologien ist auf dem Weg in den Mainstream, von Gaming- und sogenannten Sport-Angeboten über virtuelle Büro-Räume und VR-Shoppingcenter bis hin zu Gesundheitsanwendungen oder Arztbesuchen, die in virtuellen Räumen stattfinden. Dabei entstehen in diesen neuen virtuellen Welten immer auch soziale Räume und damit Möglichkeitsräume für immersive Kulturerlebnisse. Angefragt für einen Impuls im Rahmen des bundesweit ausgerufenen Theatertreffens der Jugend 2022 am Haus der Berliner Festspiele, entwickelte ich gemeinsam mit Thomas Zorbach von vm-people die virtuellen Welten von Altspace VR als Bühne und Möglichkeit zu Immersion und Partizipation. Wir luden 12 abenteuerlustige Theaterschaffende ein, sich mittels VR-Headset und Joystick ins sogenannte Metaverse zu begeben. Es galt, mögliche Formen des Ausdrucks und der Wirkung auszuprobieren.
Wo bitte geht es zum Metaverse?
In einem Workshop für 12 junge Theatermachende im Alter von 12-23 Jahren aus im Bundeswettbewerb des Theatertreffens 2022 ausgezeichneten Theater-Produktionen, boten wir an, diese „neuen“ Welten kreativ und spielerisch für sich zu erproben. Zunächst jedoch gab es für jeden ein VR-Headset nebst Controllern, Unboxing galore, es foglte ein Onboarding und eine Erkundungstour durch verschiedene virtuelle Welten und über virtuelle Bühnen in Altspace VR, einer der virtuellen Multiverse, in dem man seine eigene Welt erschaffen und mit anderen verbinden kann. So kann man hier an virtuellen Formaten des Burning Man Festivals teilnehmen, Clubs zum tanzen und Feiern besuchen, natürlich spielen und sich unterhalten lassen oder auch Vorträge besuchen.Einen Vortrag gab es von uns exklusiv für die Teilnehmenden: Christopher Werth, Chief Metaverse Officer der Event-Agentur Vok Dams hat ursprünglich mal Theaterwissenschaft studiert und hatte großen Spaß daran, die ein oder andere Übung anzuleiten.
In der Pause gilt: Laden nicht vergessen, die nächste VR-Einheit folgt bestimmt!
Anschließend erprobten die Teilnehmenden das dramaturgische Potenzial der VR-Technologie als Bühne und für ihren persönlichen Ausdruck- & Wirkungsansätze als Theaterschaffende der Gegenwart und Zukunft. Das VR-Headset bot dabei gleichzeitig Einstieg und Begrenzung der virtuellen Welt. In kleinen Teams studierten die Workshop-Teilnehmenden schließlich eine kurze Theater-Sequenz ein und führten diese an einem virtuellen Campfire in der Altspace VR-Welt auf. Zugleich streamten wir die Vorführung in den großen Saal des Haus der Berliner Festspiele, schafften einen hybriden Resonanzraum, so dass alle anderen zumindest in 2D auch das Vergnügen hatten. Nicht nur Zugaben wurden gefordert, die erste Frage lautete, ob und wie man mitspielen könne und es entstand spontan die Idee einer VR-Theatergruppe.
Die Festivalzeitung begleitete schönerweise neben den abendlichen Produktionen und parallel laufenden Workshops am Campus auch unser Abenteuer neugierig. Und soviel sei verraten, das Stück, das in den wenigen Stunden Zeit in Berlin enstand, begleitete unter dem Titel „Kugel der Macht“ einen unterstützungsbedüftigen Protagonisten auf seinem Weg ins und durchs Metaverse. Ursprünglich auf der Suche nach der Macht über das Metaverse, entscheidet er sich nach seinen Begegnungen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, die nicht alle aggressionsfrei verlaufen und diverse Interessen offenlegen, schließlich gemeinsam mit diesen für eine gemeinsame … – ok, ein wenig Spannung wollen wir erhalten, wer weiß, was aus dem Stück wird?!
VR-Jungfräulichkeit war gestern
Vielen Dank alles Teilnehmerinnen von den verschiedenen Theaterprojekten, deren Stücke mich erstaunt, berührt und inspiriert haben, und die Lust hatten, in unserem Workshop neue Bühnen zu betreten! Ihr seid der Knaller! Das waren in diesem Jahr das junge Theater Heidelberg, dasKulturkabinett e.V. (Kkt) in Kooperation mit Theater AG Elly-Heuss-Knapp Gymnasium und Helene-Schoettle-Schule Stuttgart, Schule.Spiel.Theater – Ein Projekt der Theatervermittlung des Oldenburgischen Staatstheaters,sowie der Theaterkurs Heinrich-Mann-Gymnasium Köln! Die ausgezeichneten Stücke sind übrigens noch der Mediathek zu sehen.
Vielen Dank allen im Team der Berliner Festspiele und der Bundeswettebewerbe auf, unter, neben, und hinter den Bühnen – Wahnsinn, was ihr da auf die Beine gestellt und für uns immer wieder möglich gemacht habt, nicht zuletzt diverse Runden Extra-WLAN, immer wieder neue Locations im Gebäude, in die sich die einzelnen Personen während des Spielens in VR zurückziehen konnten, um räumlich und akustisch ungestört und nicht störend agieren zu können, viel Verständnis für besondere Bedarfe wie zB einen adhoc Streaming von der großen Bühne!
Eine Frage der Kultur
Mindestens so angetan waren wir von dem nährenden Kontext, der Partizipation und Spiellust in jeder Pore atmete und so einen idealen rahmen für unser Experiment bot. Das Haus der Berliner Festpiele mag in die Jahre gekommen sein, an diesen Tagen war die Jugend am Zug. Wovon ich träume? fragt ihr. Das kann ich euch sagen: Nächstes Jahr wieder mit dabei zu sein und meiner Frage als Begegnungs-/Wirkungs-/Lern- und Resonanzraumgestalterin und Kulturwissenschaftlerin nach der Kultur als treibende und getriebene, als fragende und in Frage stellende, als fordernde und geforderte Kraft zur Diskussion nachzuspüren. Mit euch!